Samstag, 21. März 2020

Tag 1 der Ausgangssperre. Draußen ist es ruhig. Fast schon zu ruhig. Die Stille ist mit den Händen zu greifen. Ich lese beim Aufwachen die Tageslosung: „Ich will Frieden geben in eurem Lande, dass ihr schlaft und euch niemand aufschrecke.“ (3 Mose 26, 6)

Es gibt viele Gründe, nachts aus dem Schlaf aufzuschrecken: ein weinendes Kind, das schlecht geträumt hat. Ein Hund, der imaginäre Einbrecher verbellt. Nächtliche Restaurantbesucher, die sich lautstark direkt vor unserem Haus unterhalten. Lkws mit Nachtlieferungen, die sich ausgerechnet die Hauptstraße aussuchen, um zu ihrem Ziel durchzubrettern. Kirchenglocken um Mitternacht, die das Silvesterläuten fehlprogrammiert zur Unzeit nachholen. Ein eigener Alptraum, der mich schweißgebadet und nach Luft ringend hochfahren lässt.

Nichts davon passiert mir im Moment. Nicht in der Nacht. Denn ich schlafe schlecht. Zuviele Gedanken stören meine Nachtruhe, wirbeln mir im Kopf herum. Das Leben steht Kopf. Die friedliche Stille da draußen ist trügerisch. Unsicherheit ist ihre Quelle - nicht der Frieden. Die Zukunft ist ungewiss, wir wissen nicht einmal, wie es in einer Woche sein wird. Wie schön wäre es, aufzuschrecken und zu wissen: es war alles nur ein schlechter Traum.

Aber stattdessen ist es unwirkliche aufwühlende Realität. Friedlos.

Bis auf gestern abend. Um 19 Uhr. Da klingelt höchst aufgewühlt mein Handy. Gleich dreimal, kurz hintereinander. Dreimal WhatsApp. Dreimal Bilder einer brennenden Osterkerze im Fenster. Ich stelle meine Kerze auch gleich ein. Viermal ein Zeichen der Hoffnung. Einen kurzen Moment überkommt mich ein Gefühl tiefen inneren Friedens. Wir sind nicht allein. Unser Erschrecken ist nicht von Dauer.

Gott verspricht uns seinen Frieden. Sein Versprechen macht mich ruhig. Überall um mich herum sehe ich Hoffnungslichter brennen - nicht nur in den Fenstern. Sondern in den Hilfsangeboten unserer Gemeinde. In den Telefongesprächen mit Freunden und Familie. In den gemeinsamen Überlegungen, wie wir füreinander da sein können. Um dem Ausnahmezustand den Schrecken zu nehmen. Und ich weiß: Der Friede Gottes wird sein. Denn er ist höher als alle meine Vernunft. Und er wird unsere Herzen und Sinne bewahren. Über Heute hinaus.

Amen.

Stephanie Wegner