Samstag, 02. Mai

Der Herr ist mein Hirte - 

Was soll das bedeuten?

Heißt das, du läufst mir nach? Ein Leben lang im Lebenslauf?

Heißt das, du gibst keinen Menschen - selbst mich nicht - auf?

 

Weißt du nicht, wie lächerlich das aussieht?

Ich laufe weg - und du hinterher?

Weißt du nicht, wie unnötig du dich anstrengst?

Ich bin lieber allein - ich brauch dich nicht mehr!

Ich bin kein Herdenmensch,

ich brauch keinen Hirten.

Ich habe gelernt, für mich selber zu sorgen,

ich brauch keinen, der mich führt, mich Verirrten.

 

Ich bin erwachsen, ich kenn meinen Weg -

Und wenn es doch einmal nicht so einfach geht,

wenn ein Umweg droht oder eine Hürde da steht,

dann trau ich auch jetzt auf meine eigene Kraft -

Das hab ich schon lange ohne dich geschafft.

 

So denke ich - und geh meinen Weg -

Doch manchmal, da dreh ich mich um und hoffe,

dass einer da ist. Dass einer einfach da steht,

der mir den Rücken freihält, die Richtung weist

Und nach mir schaut.

Dass einer da ist, dem an mir liegt,

so viel, dass er mich laufen lässt, mir meine Freiheit gibt,

so lange, wie ich will.

Und mir doch am Ende den Rückweg nicht verbaut,

sondern mir leuchtet mit seinem Licht

und mir bei jedem Schritt zuruft:

Ich bin hier - fürchte dich nicht.

 

Stephanie Wegner