2. Sonntag nach Trinitatis - 13. Juni

Predig zu 1 Kor 14, 1-12

„Schön, dass ich heute hier sein kann - es geht mir nicht immer gut genug dafür.“

„Endlich wieder Sonntag!“

„Gut, dass wir endlich wieder singen dürfen - ohne Singen ist das ja kein richtiger Gottesdienst.“

„Schön, hier draußen so zu sitzen und mal runterzukommen. Wie ein kleiner Urlaub vom Alltag.“

Wir kommen. Manche jeden Sonntag - manche eben nur manchmal.

Jeder, der hier ist, hat einen Grund. Menschen treffen. Eine Auszeit vom Alltag nehmen. Die Musik genießen, das Miteinander. Einen guten Start in den Tag haben. Auftanken für die neue Woche. Ihren Konfiplan erfüllen. Oder sich Gott ein Stückchen näher fühlen.

Und so sind wir da. Wir kommen und begrüßen uns. Unterhalten uns. Erzählen, wie die Woche so war, was passiert ist, wie wir die Impfung vertragen haben. Wir verabreden uns für den Tag. Erzählen, wer uns heute besucht oder wohin wir heute nachmittag noch fahren.

Wir sind bunt gemischt, mit verschiedenen Berufen, aus unterschiedlichen Familien, tief gläubig oder eher skeptisch.

Eine ganz normale Gemeinde also.

Wie damals in Korinth. Auch dort eine ganz normale Gemeinde. Reiche und Arme, gebildete und Schulabbrecher, erfolgreiche und Lebenskünstler. Sie alle sitzen gemeinsam im Gottesdienst - denn es geht nicht um Leistung, nicht um Status. Sondern um uns als Menschen. Um jeden von uns in seiner Besonderheit. Um uns als Teil einer Gemeinschaft.

Aber immer wieder stehen welche auf, schreien herum. Fuchteln mit den Armen, reden unverständliches Zeug. Manchmal stundenlang, meistens durcheinander - so dass niemand etwas versteht. „Die sind vom Geist ergriffen“ - sagen die einen. „Die spinnen“ - sagen die anderen.

„Sie reden in Zungen“ - sagt Paulus. Hysterische Frömmigkeit, einigen wenigen Auserwählten vorbehalten. Und deshalb nicht zu dulden.

Denn wichtig ist, was der ganzen Gemeinde zugute kommt - nicht nur dem harten Kern selbsternannter Eingeweihter.

„Wenn ihr in Zungen redet und nicht in deutlichen Worten - wie kann man wissen, was gemeint ist? Ihr werdet in den Wind reden.“ Statt dessen kümmert euch lieber darum, dass die Gemeinde erbaut wird.

Macht den Menschen Mut - und lasst sie nicht ratlos hinter euch.

Tröstet sie, wenn sie traurig oder verzweifelt sind. Erzählt von eurer Hoffnung, wenn sie Angst haben. Erzählt davon, wie Gott in eurem Leben wirkt, damit sie ihn in ihrem Leben suchen.

Redet miteinander. Hört einander zu. Denn wenn wir das nicht hinbekommen - dann brauchen wir auch keinen Gottesdienst. Dann kann jeder zu Hause in seinem Kämmerlein sitzen und vor sich hin zungeln.

Aber hier geht es um die Gemeinde. Um alle. Um uns.

Wir sind das Kritierium für den Gottesdienst.

Früher dachte ich: Gottesdienst ist etwas, das wir für Gott tun. Wir machen es ihm schön bei uns. Angenehm und festlich. Wir zünden ihm Lichter an. Läuten ihm die Glocken. Wir machen Musik, singen und beten - dass Gott uns anschaut. Uns hört. Und uns zuhört.

Aber in Wirklichkeit ist es anders herum.

Denn zuerst sieht Gott uns an. Jeden Tag, nicht nur heute. Er hört uns - und er hört uns zu. Er spricht mit uns. Er macht uns Mut - und weist uns manchmal auch zurecht.

Deswegen treffen wir uns am Sonntag - weil wir darauf gemeinsam antworten. Mit Musik. Mit Gebeten und Liedern. Wir feiern gemeinsam, dass Gott Teil unseres Lebens ist.

Wir reden und lachen miteinander, weil Gott uns Kraft und Ursache dazu ist.

Wir begegnen einander als Gleiche, weil Gott Mensch unter Menschen geworden ist.

Deswegen sind auch wir das Kriterium für den Gottesdienst. An uns merken wir, ob das, was wir tun, ein Gottesdienst ist. Nicht nur heute, sonntags - sondern jeden Tag.

Immer, wenn wir entlastet werden, wenn wir Trost finden oder uns angesprochen fühlen. Wenn uns einer ermutigt und wir neue Perspektiven erfahren. Immer, wenn wir merken, dass es um uns als Menschen geht - dann ist es Gottesdienst - nämlich Gottes Dienst an uns.

Deswegen haben wir auch das letzte Wort. Nach der Predigt, nach dem Gebet oder nach dem Segen. Immer dann, wenn wir Raum in uns schaffen, dass Gott uns begegnen kann - immer dann haben wir das letzte Wort. Bestätigen, dass er da ist - oder wünschen, dass wir ihn spüren. In der Musik. In der Nähe zueinander. In einem Windhauch zur passenden Zeit oder im gemeinsamen Gebet.

Denn dann sagen wir gemeinsam:

Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

 

Amen.