7. Sonntag nach Trinitatis - 18.07.2021

Predigt zu Lk 5

 

Text lesen

 

Ein voller Text - angefüllt mit vielen verschiedenen Geschichten - vom Menschenfischen, von leeren und vollen Netzen. Von Vertrauen und einem Happy End. Ich habe all diese Geschichten oft gelesen in der letzten Woche.

Und doch ist alles, was mir in den letzten zwei Tagen im Kopf geblieben ist von all diesen Sätzen und Gedanken ist ein Satz - ein Gedanke: Fahre hinaus, wo es tief ist.

Also fahre ich hinaus - und sehe Simon, der nach einer durchwachten erfolglosen Nacht müde, erschöpft und hungrig vor leeren Netzen steht. Vermutlich nicht zum ersten Mal. Wahrscheinlich auch nicht zum letzten. Und verzweifelt. Kein Fisch - kein Essen.

Die Plackerei, die Mühsal, die ganze Arbeit umsonst. Die Netze sind leer - und die Familie steht vor dem Nichts. Er ist nicht allein - anderen geht es genauso. Weggefährten, Leidensgenossen. Aber das ändert nichts - und macht es nicht besser.

Die Kräfte schwinden - Mutlosigkeit macht sich breit.

Doch dann ist da plötzlich einer, der das Ruder nochmal herumreißt. Einer, der Mut gibt. Zuvertrauen weckt. Der keinen Platz lässt für Verzweiflung - sondern Raum schenkt für Hoffnung. „Fahre hinaus, wo es tief ist“ - fang nochmal von vorne an. Kämpfe weiter und lass dich nicht unterkriegen.

Ich traue es dir zu.

Und Simon traut sich - und es gelingt!

Gottes Geist wird in ihm mächtig - errettet ihn aus seiner Angst und führt ihn den richtigen Weg.

Im Westen unseres Landes stehen heute viele Simons vor den Trümmern ihrer Existenz. Sie stehen am Abgrund und blicken in die Tiefe, in die ihr Haus gestürzt ist. Sie stehen am Ufer und blicken auf das Treibgut ihres Lebens.

Die Plackerei, die Mühsal, die ganze Arbeit umsonst. Die Familie steht vor dem Nichts. Sie sind nicht allein - anderen geht es genauso. Weggefährten, Leidensgenossen. Aber das ändert nichts - und macht es nicht besser.

Die Kräfte schwinden - Mutlosigkeit macht sich breit. Und es steht kein Jesus am Ufer, die Verzweifelten zu trösten.

Aber es kommen Menschen. Helfer und Retter in die Flutgebiete - sogar von hier, aus Kreuzwertheim, sind sie aufgebrochen.

Sie fahren hinaus, dahin, wo es tief ist. Sie stellen sich dem Unbekannten, damit anderen geholfen ist. Sie schrecken nicht vor der Tiefe zurück und machen so denen Mut, die am Abgrund stehen. Sie mühen und rackern sich ab und öffnen so einen Raum aus Hoffnung, eine Perspektive für die Zukunft.

Sie alle kommen mit unterschiedlichen Gaben, in verschiedenen Ämtern. Aber sie kommen in einem Geist - denn es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.

Wir alle stehen immer wieder vor Veränderungen. Vor neuen Wegen, neuen Orten - vor neuen Herausforderungen.

Veränderungen, in denen ich lieb gewordenes hinter mir lassen muss. Die alt vertraute Strukturen aufbrechen und neue Unsicherheiten aufkommen lassen.

Veränderungen, die überwältigen - die vielleicht auch das eine oder andere mal erschöpfen, müde machen oder an mir zweifeln lassen.

Veränderungen, die mich in ungeahnte Tiefen hineinführen, in denen wir keinen Weg mehr erkennen können und deshalb fürchten, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Veränderungen, durch die Kräfte schwinden - Mutlosigkeit sich breit macht. Weil alles, was bisher wichtig war, nichts mehr zählt. Einfach wegbricht.

Und es kommt kein Jesus, der plötzlich da steht und Mut macht. Keine göttliche Zukunftsvision von oben, keine übernatürliche Wegbereitung durch die Trümmer.

Aber es kommen Menschen - Ratgeber und Wegbegleiter in mein Leben. Kollegen, die Hilfe anbieten. Nachbarn, die ein offenes Ohr für meine Sorgen haben. Vorgesetzte, die mir Mut machen und mir die Veränderung zutrauen.

Sie alle kommen mit unterschiedlichen Gaben, in verschiedenen Ämtern. Aber sie kommen in einem Geist - denn es ein Gott, der da wirkt alles in allen.

Jesus kommt auch heute noch. Er steht auch jetzt am Ufer. Aber:

Er hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.

Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.

Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.

Also sind wir geschickt, zu helfen und Mut zuzusprechen.

Einander zu sagen: Fahre hinaus, wo es tief ist - ich traue mich, dir das zu sagen, denn Gott traut es dir zu.

Denn auch durch dich offenbart sich Gottes Geist zum Nutzen aller.

Amen.