Okuli - 7. März 2021

Predigt zu Eph 5, 1-9

 

Nun also die Predigt zu heute - zum Sonntag Okuli.

Okuli - das heißt „Augen“.

Augen sehen - und unsere Augen sollen heute auf Christus schauen als Vorbild. Als den, der uns den Weg vorgibt und das Ziel vor Augen hält.

„So ahmt nun Gott nach als geliebte Kinder und wandelt in der Liebe, weil auch Christus uns geliebt hat.

So fängt er an, der Predigttext aus dem Epheserbrief.

„Wandelt in der Liebe“!

Lebt in der Liebe!

Ach du lieber Gott, möchte man da fast sagen.

Was soll das sein? Ein Leben in der Liebe?

Heißt das jetzt: Seid lieb und brav - macht keinen Ärger? Streitet nicht, bleibt immer schön harmonisch? Passt euch an, damit ihr nicht zum Stein des Anstoßes werdet?

Eine solche Liebe lässt sich gut im Munde führen, ohne das Herz zu bemühen. Sie ist nichtssagend, fade und kraftlos - und tut niemandem weh.

Und mit ihr ist es nicht getan.

Denn der Text geht weiter: Wandelt in der Liebe, weil auch Christus uns geliebt hat und hat sich für uns selbst gegeben als Gabe und Opfer.

Das klingt schon anders. Mehr nach Schmerzen und Überwindung. Mehr nach Substanz.

Mehr nach Christus. Und mehr nach Nachfolge.

Denn die Liebe, von der hier die Rede ist, ist eine unbedingte Liebe. Nicht gebunden an ein Bravsein. Sie scheut auch nicht die Konfrontation. Sondern hat den Christus vor Augen, der das Verlorene sucht und liebt bis in den Tod.

Eine solche Liebe ist es, die wir leben sollen.

Und wie die aussieht, sagen die nächsten Verse:

Text lesen Verse 3-7

Ich muss gestehen, ich tue mir schwer damit, das alles eins zu eins auf uns heute zu übertragen. Denn unsere Gesellschaft hat sich geändert in den letzten 2000 Jahren - auch wenn Kirche das nicht immer so mitbekommt.

Unsere Werte, unsere legitime Lebensweise hat sich geändert - und nicht alles ist heute verwerflich oder verpönt, was vor 2000 Jahren gesellschaftlich geächtet war.

Mit der Verurteilung von Habsucht kann ich noch konform gehen.

Wenn ich aber Unzucht lese, dann sehe ich den erhobenen Zeigefinger selbsternannter Sittenwächter vor mir, die mir überalterte Moralvorstellungen aufzwingen wollen.

Und doch glaube ich, ist beides so aktuell wie eh und je. Denn Habsucht sieht im Menschen immer nur Mittel zum Zweck. Und sein Wert erschöpft sich in seiner ökonomischen Leistung. Unzucht wie ich sie heute verstehe, ist eine Spielart der Habsucht. Sie benutzt den anderen zur Bedürfnisbefriedigung. Sein Wert ist darauf begrenzt und verliert sich, wenn ich mein Bedürfnis erfüllt habe.

Liebe hat daran keinen Platz.

Statt dessen:  Sucht nach Geld und Sucht nach Sex.

Sucht aber fordert absolute Gefolgschaft und blinden Gehorsam. Und das ist Götzendienst.

Wer süchtig ist, sieht keine Alternativen mehr.

Und Alternativlosigkeit führt schandbare, närrische und lose Reden.

Die tauchen in Kirchenleitungen zur Rechtfertigung von Einsparungen und Haushaltkürzungen genauso auf wie in der Politik. Zuerst wird ein Horrorszenario ausgemalt, dann sein Eintreten als unabwendbares Fakt dargestellt, wenn nicht diese oder jene Maßnahme ergriffen werde. Das eigene Handeln wird zum Dienst am Götzen Alternativlosigkeit.

Neuestes Beispiel hierfür ist die Sonntagsfrage. Eigentlich auch wieder nur alter Wein in neuen Schläuchen. Der Tag des Herrn feiert in der vergangenen Woche Jubiläum: am 3. März 321, also vor 1700 Jahren, erklärt Kaiser Konstantin für das gesamte römische Reich den Sonntag zur arbeitsfreien Zone - und das gilt „für alle Richter und Einwohner der Städte, auch die Arbeiter aller Künste“.

Dummerweise gibt es auch hier - wie die Süddeutsche Zeitung das so schön formuliert - ein Kleingedrucktes: Ausnahmen für Tätigkeiten aller Art sind vorgesehen - so wie Ausnahmen für bestimmte Menschenarten, nämlich Sklaven.

Denn der war immer nur Mittel zum Zweck. Sein Wert erschöpft sich in seiner ökonomischen Leistung. Seine Arbeit am Sonntag ist also alternativlos.

Auch heute gibt es Ausnahmen von der Sonntagsruhe. Polizisten, Ärzte, Krankenschwestern, Altenpfleger arbeiten auch sonntags. Cafes und Museen haben sonntags geöffnet.

Aber die Ausnahmen gelten nicht für bestimmte Menschenarten. Sie sind nicht Mittel zum Zweck. Ihr Wert bemisst sich ja gerade nicht an ihrer ökonomischen Leistung. Sie helfen  dazu mit, dass die Menschen, für die sie sorgen, die sie pflegen und beschützen, ihren Wert behalten, auch in Krankheit, im Alter und in Notsituationen.

Ihre Arbeit entweiht nicht den Schutz der Sonntagsruhe und höhlt ihn auch nicht aus.

Allerdings wäre es in all diesen Fällen sehr an der Zeit, diesem unschätzbaren Wert auch ein ökonomisches Äquivalent entgegenzusetzen. Aber das ist eine andere Predigt.

Für  die FDP ist die Aufweichung der Sonntagsruhe alternativlos - da sonst am Horizont die altbemühten Untergangsszenarien drohend ihre Fahnen schwenken.

Biblisch ist das aber nicht. Denn biblisch gibt es immer eine Alternative. Der Sabbat ist für den Menschen da - und nicht der Mensch für den Sabbat.

Dem  Gericht steht das Reich Gottes gegenüber und dem Tod der auferstandene Christus.

Wer auf die eine Wange geschlagen wird, kann immer auch die andere hinhalten.

Nichts in unserem Leben ist alternativlos. Wir haben immer die Freiheit, uns zu entscheiden.

Das einzige, was alternativlos ist, ist die unbedingte Liebe Christi. Sie gibt sich ohne Wenn und Aber für uns - bis in den Tod.

Sie verpflichtet uns - zu einem Leben in ihrer Nachfolge.

Denn ihr wart früher Finsternis - nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Das ist der Weg, auf dem wir gehen, wenn wir uns Christus in Liebe zuwenden. Wir gehen ihm entgegen, sein Licht vor Augen und unser Ziel: lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Dazu gibt es keine Alternative.

Amen.