06.01.2022 - Epiphanias

Predigt zu Epiphanias 22

 

Heute sind sie zu Ende, the twelve days of christmas - die berühmten 12 Tage der Weihnacht. Ab morgen hat uns der Alltag wieder. Seit 12 Tagen leben wir ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. In einer merkwürdigen Zwischenzeit - in der uns Gott so lieb und vertraut ist wie sonst selten im Jahr. Weil er im Vertrauten zu finden ist, in dem, was uns am leichtesten fällt, zu lieben. Dem kleinen, schwachen - dem, was wir in unseren eigenen Kindern finden.

Ab morgen bauen wir die Krippen wieder ab - und mit ihnen auch die Nähe und Verbundenheit dieser Zeit.

Aber heute erzählen wir noch einmal dagegen an, gegen den Abstand, gegen das Alleinsein. Gemeinsam mit allen, die sich auf den Weg machen.

 

Es ist soweit - sie kommen.

Die Nachbarschaft steht auf der Straße zusammen. Neugierige Blicke harren erwartungsvoll der Ankömmlinge. Wie sehen sie wohl aus? Man weiß nicht so recht, woher sie kommen - hat nur schon gehört, dass sie wohl eher wohlhabend sind. Etwas Besonderes. Sie fallen auf, auch der Lastzug fällt auf.

Was für ein Anblick! Pracht und Prunk in aller Herrlichkeit! Wie Könige sehen sie aus.

 

Sie haben sich ja schon angekündigt - vorher. So einer Karawane eilt ja ihr Ruf voraus. Und wenn die Geschenke, die sie mitbringen, nicht vom Munde abgespart sind, sondern sie selbst, ihr Leben und ihre Lebensumstände widerspiegeln - dann ist das ein ziemlich eindrucksvoller Auftritt, den sie da hinlegen, auf den staubigen Straßen des Ortes - in der kleinen Hütte, die sie besuchen.

 

Da - jetzt gehen sie tatsächlich hinein. Ein Blick durchs Fenster, durch die Tür zeigt: Staunen auf den Gesichtern. Verwunderung, Freude - ein Hauch von Ehrfurcht durchzieht den Raum. Jetzt knien sie sogar vor dem Kind - jetzt übergeben sie Geschenke. Kostbarkeiten aus ihrer Heimat. Ein Stück von sich selbst.

 

Dass sie fremd sind, macht nichts. Sie haben ja einen guten Grund, hier zu sein. Denn das Wort ist Fleisch geworden und wohnt unter uns. Es ist das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet. Und sie sehen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Gott wird Mensch - und er lebt mitten unter uns. Wird Mensch aus Fleisch und Blut, mit Leib und Seele. Gott zum Anfassen - ganz konkret. Als Nachbar, als Freund, als Fremder - überall kann er uns begegnen.

Wie herrlich ist das!

 

Die Besucher aus dem Morgenland sehen seine Herrlichkeit - am Ende einer anstrengenden langen Reise.

Am Anfang dieser Reise stehen offene Augen und ein offenes Herz: ein Blick in den Himmel zeigt die Vorboten einer himmlischen Herrlichkeit, eine Botschaft ganz eigener Art.

Im Leuchten des Himmels erkennen sie einen Abglanz der Herrlichkeit, die auf sie wartet.

Das reicht ihnen - und sie ziehen los. Machen sich auf den Weg.

Das, was sie suchen, finden sie nicht ohne Mühe, nicht ohne Zeit und Anstrengung zu investieren.

Und der Ausgang ist ungewiss - trotz des Sternes müssen sie nach dem Weg fragen. Selbst wenn wir Zeichen sehen, die uns den Weg zeigen, trauen wir ihnen nicht immer. Müssen uns vergewissern, dass die Richtung stimmt. Brauchen Hilfe von anderen, damit wir nicht abkommen, nicht verloren gehen.

Manchmal glauben wir, das ist doch nicht nötig. Ich weiß doch selbst, was am besten für mich ist. Ich entscheide immer noch selber, welche Richtung ich im Leben einschlage. Da brauche ich niemanden zu fragen - und ich brauche auch keine Hilfe.

Manchmal stimmts - dann geht alles glatt. Manchmal aber landen wir so im Abseits - und finden alleine nicht mehr heraus. Dann ist es gut, wenn Menschen da sind, die uns den Weg zeigen. Uns vielleicht sogar ein Stück auf diesem Weg begleiten - bis wir alleine weitergehen können. Das sind herrliche Momente - Augenblicke konkreter Gottesbegegnung. Dann sind wir auf dem besten Weg.

 

So wie die weisen Sterndeuter. Sie folgen ihrem Stern - und scheuen sich doch nicht, zu fragen. Sie wissen um ihre Fehlbarkeit und verzweifeln doch nicht an ihr. Es sind wahrhaft weise Männer.

Aber im Leben begegnen wir nun mal auch falschen Ratgebern. Menschen, die uns ausnutzen, uns ablenken wollen vom rechten Weg. Überall gibt es einen Herodes, der droht, die Herrlichkeit zunichte zu machen. Da ist es hilfreich, nicht vor sich hinzuträumen - nicht wie ein Schlafwandler vor sich hin zu leben. Sondern wach zu bleiben - auch im Schlaf. Und darauf zu vertrauen, dass wir nicht alleine sind. Nicht dem Bösen ausgeliefert sind, sondern immer die Wahl haben. Uns immer entscheiden können. Die Begegnung mit der Versuchung ist unausweichlich - aber es ist kein unabänderliches Schicksal, ihr zu unterliegen. Denn wir haben immer die Wahl, aus der Fülle zu leben - und Gnade und Wahrheit daraus zu ziehen. Und die richtige Entscheidung zu treffen.

 

Dann sind wir am Ende am Ziel unserer Suche: Zumindest für einen Moment, einen kurzen, aber herrlichen Augenblick sind wir ganz nahe dran an Gott. Ist er zum Anfassen nahe.

Und wir bringen uns mit - unsere Schätze, das was uns wertvoll ist. Unsere Erlebnisse auf der Suche nach dieser Begegnung. Unsere Begegnungen, die einen Vorgeschmack gegeben haben auf diesen Moment.

 

Aber wir können nicht ewig an der Krippe bleiben - können nicht für immer in zeitloser Fülle verharren. Der Alltag ruft uns - unsere Aufgaben, Pflichten. Und damit verbunden unsere Fragen, unsere Versuche, alles richtig zu machen - und doch immer wieder übers Ziel hinaus zu schießen.

 

Also machen wir uns erneut auf den Weg - hinein in ein neues Jahr, eine andere Zeit. Mit offenen Augen und weiten Herzen - damit wir bereit sind für die herrlichen Momente, die auf uns zukommen - in denen wir erfahren, ganz konkret, dass wir aus der Fülle heraus leben - dass wir von Gottes Fülle alle nehmen Gnade um Gnade - und die Gnade und Wahrheit durch Jesus Christus geworden ist. Tag für Tag. Jedes Jahr von neuem.

 

Amen.