Ostersonntag - 17. April 2022

Predigt Ostersonntag 22 zu Mk 16

Letzte Woche hat mir unser Diakon gesagt, eine Predigt an Ostern ohne Osterwitze wäre vielleicht eine Predigt, aber keine Osterpredigt.

Also bitte: ich habe gegoogelt unter „Osterwitze“ und auch solche gefunden. Wenn Sie darüber lachen - sehr gut.

Wenn Sie sich aber mit hochgezogenen Brauen gegenseitig anschauen und Ihnen das Lachen gequält im Halse stecken bleibt - dann denken Sie daran: es war nicht meine Idee …

Fritzchen fragt seinen Vater: Warum legen die Hühner eigentlich Eier?

Der Vater sagt: Wenn die Hühner die Eier werfen würden, dann gäbe es ja Rührei.

Fritzchen hat direkt alle Ostereier alleine aufgegessen.  Die Mutter schimpft: Hast du denn gar nicht an Dein Schwesterchen gedacht?  Sagt Fritzchen: Klar, deshalb habe ich mich ja so beeilt.

Und hier my favorite:

Männer sind wie Osterhasen: ehrlich, treu, liebevoll.

Und wer glaubt schon an den Osterhasen …?

Meine Kinder würden jetzt sagen: das ist echt Boomerhumor. (Schon mal gehört? Boomer sind alle, die jetzt Kinder im Alter meiner Kinder haben - die angebliche Babyboomgeneration. Als ich das das erste Mal gehört habe, war mein erster Impuls, meinen Kindern einen Kalender mit Taschenrechner zu schenken. Aber gut.)

Aber jetzt mal im Ernst: Mit den Witzen ist das so eine Sache. Die meisten, die ich kenne, sind schlecht. Ich kenne allerdings auch nicht viele, denn die meisten, die ich höre, vergesse ich gleich wieder. Ich bin also eigentlich eine dankbare Witzezuhörerin - mir kann man den selben Witz unendlich oft erzählen - ich habe die Pointe garantiert schon wieder vergessen.

Das gilt für gute und schlechte Witze gleichermaßen. Und gute Witze sind ja nicht einfach zu finden.

Und auch unsere Reaktion ist immer anders - je nach Stimmung. Es gibt Tage, da bin ich so albern, da lache ich echt über jeden Mist. An anderen Tagen entlockt mir auch der beste Humor allenfalls ein müdes, abgeklärtes Lächeln.

An diesen Ostertagen geht es mir ähnlich. Es fällt mir schwer, Worte zu finden.

Nicht für alles.

Für Gründonnerstag, für Karfreitag: alles kein Problem. Die Worte für Andacht und Predigt fließen nur so aus meiner nicht mehr vorhandenen Schreibfeder ein den Computer.

Seitenlanges Auslassen über die Schrecken unserer Welt, ihre dunklen und gefährlichen Seiten.

 Ostern sollte davon die Befreiung sein. Das Dunkel hält uns ja nicht mehr gefangen, unser Geist wird frei, weil unser Leben frei ist von Finsternis und Tod und Angst. Wir haben es ja gehört, uns sogar selbst zugesprochen vorhin: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.

Aber ich merke, es fällt mir schwer, mich aus der Karfreitagstrübsal zu lösen. Denn die Weltlage ist eine Freitagslage - keine Sonntagslaune.

Es geht mir wie den Frauen am Grab: Zittern und Entsetzen hatten sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas. Denn sie fürchteten sich sehr.

Sie haben sie gehört, die Osterbotschaft. Christus ist auferstanden. Laut und deutlich. Aber ihre Wirklichkeit steht noch dagegen. Die Botschaft ist einfach nur eine Botschaft - keine Erfahrung. Ausgerichtet von einem, der geschickt ist, sie zu verkünden. Aber keine Begegnung mit dem Auferstandenen.

Die Zweifel sind mächtiger als das kleine Senfkorn Hoffnung.

Auf BR24, der Nachrichtenapp des Bayerischen Rundfunks lese ich einen Artikel über die Verkürzung der Isolation in Bayern. Darunter: Kommentare aus dem Leserforum. Allgemeiner Tenor: Zeit wird’s. Gut, dass es endlich so weit ist. Freude über wiederkehrende Normalität, ein bisschen Leichtigkeit.

Aber auch: Sorge vor dem Herbst. Vor neuen Beschränkungen. Neuen Gefahren.

Beide Seiten haben ähnlich viele likes. Keines überwiegt - nicht die Sorge, nicht die Freude.

Äußert einer zu große Freude darüber, wird er sofort ausgebremst mit einem großen ABER.

 Es scheint vielen so zu gehen wie den Frauen am Grab. Furcht und Entsetzen haben uns ergriffen - und wir fürchten uns sehr.

Vor dem nächsten Winter. Vor dem Krieg. Vor einem Leben ohne Sicherheit. Vor einer Zukunft ohne Plan.

 Zweifel drohen, aufkeimende Hoffnung zu überwuchern, bevor sie überhaupt ihre Triebe entfalten kann.

Dabei haben wir sie doch gehört, die Osterbotschaft. Christus ist auferstanden. Haben sie uns sogar zugesprochen. Aber steht ihr nicht die Wirklichkeit entgegen?

Ist die Botschaft nicht doch nur eine Botschaft - ohne eigene Erfahrung?

Eine Verkündigung ohne tatsächliche Begegnung?

Für die Frauen ist die Geschichte nicht zu Ende. Sie fliehen vom Grab, flüchten vor dem Grauen des Todes - und landen mitten im Leben:

 Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria Magdalena, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte. 10 Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren, die da Leid trugen und weinten. 11 Und als diese hörten, dass er lebe und ihr erschienen sei, glaubten sie nicht. 12 Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie aufs Feld gingen. 13 Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht. 14 Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen.

 Den Worten folgt die Tat - der Verkündigung die Begegnung. Mit dem Auferstandenen. Nach und nach treffen ihn alle. Die Frauen. Die Jünger.

Niemand glaubt auf das erste Wort hin.

Alle scheinen das gleiche Problem zu haben: Wirklichkeit toppt Hoffnung.

Und eine andere Erfahrung - eine, die unsere Wirklichkeit übersteigt - die lassen wir nur schwer zu. Die ist gewöhnungsbedürftig. Vielleicht sogar abhängig davon, wie wir sie deuten.

Aber nicht unmöglich.

Sie bleibt nicht verborgen.

Sondern wird zur neuen Wirklichkeit.

Für die Frauen. Für die Jünger. Und für uns.

Hier und heute.

 Denn wir feiern heute Abendmahl. Der Tisch ist gedeckt - und Christus ist der Gastgeber.

In unserer Gemeinschaft ist er zu spüren.

In der Süße des Brotes schmecken wir ihn.

Im Gehalt des Weines  schenkt er uns seine Kraft.

 Vielleicht fürchten wir uns noch ein bisschen vor der ungewohnten Nähe.

Vielleicht scheuen wir noch ein bisschen die unausweichliche Berührung.

Aber es wird Zeit. Gut, dass es endlich so weit ist.

Heute treibt unsere Hoffnung Blüten.

Heute wird die Furcht ausgebremst von Gottes großem ABER gegen den Tod:

Christus ist auferstanden.                      Er ist wahrhaftig auferstanden.

Christus ist auferstanden                        Er ist wahrhaftig auferstanden.

Christus ist auferstanden                        Er ist wahrhaftig auferstanden

 Halleluja.

Amen.