Okuli - 20. März 2022

Predigt zu 1 Kö 19, 1-13

Namen haben eine Bedeutung.

Das merke ich in der letzten Zeit immer häufiger bei Taufgesprächen. Eltern denken sich etwas, wenn sie den Kindern ihre Namen geben.

Namen sind eben nicht Schall und Rauch. Sondern wir verbinden etwas damit.

Erinnerung an den eigenen Opa. Die Patentante soll sich auch im Namen wiederfinden. Die Familientradition wird mit namentlicher Erinnerung an längst verstorbene, aber nicht vergessene Vorfahren weitergeführt.

Namen sind Zeichen wider das Vergessen.

Und manchmal prägen sie uns auch im eigenen Selbstverständnis. Wir fragen nach, wieso wir so heißen. Woher der Name kommt. Was er bedeutet.

Wie bei Elias. Eigentlich Elija.

Eli - Ja.

Mein Gott ist Jahwe.

Beim biblischen Elia ist der Name Programm. Er trägt seinen Gott sozusagen vor sich her - denn er lebt, wie es seinem Namen entspricht:

Er spricht als Prophet an des Königs Hof. Spricht im Namen des Gottes, den er im Namen trägt. Er vollbringt Wunder im Land, sogar eine Totenerweckung hat er im Programm.

Wo Elia ist, da ist Gott.

So sehen ihn die Menschen - und so sieht er selbst das auch. Daran glaubt er aus vollem Herzen - und die Menschen, an denen er wirkt. Denn Elia bringt den Gott mit sich, den wir alle suchen. Nach dem wir alle rufen und den wir immer bemühen, wenn es schlecht läuft im Leben: den Allwissenden, der einen Plan hat für unser Leben.

Den Wundertäter, der Heilung bringt und den Tod überwindet.

Den Machtvollen, der mit starker Hand den Lauf der Welt lenkt.

Den Gerechtigkeitsspender, der die Guten belohnt und das Böse besiegt.

Von diesem Gott erzählt Elia, wenn er spricht. Seine Macht zeigt er, wenn er handelt. Ihn führt er im Gepäck, wenn er von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus zieht. An ihn glauben die Menschen gerne wieder. Da kann die Konkurrenz einpacken.

Und so kommt es zum vorläufig-schaurigen Höhepunkt   seines Lebens: Dem Gottesurteil auf dem Berg Karmel.

Denn Elia macht sich nicht nur Freunde. Sein Gott fordert Widerspruch heraus. Seine Macht bleibt nicht unangefochten.

Es kommt zum Wettstreit. Elia gegen die anderen. Jahwe gegen Baal. Der Eine Gott gegen die Götzen seiner Zeit. Blutopfer gegen Brandopfer.

Dabei sind sie sich ganz ähnlich - Gott und Götze.

Beide verlangen Aufmerksamkeit.

Beide fordern Gefolgschaft.

Beide werden gesucht in der Stärker, der Macht, der Fülle des Lebens.

Wer ist Gott? Wer ist Götze?

Die Entscheidung fällt nicht immer leicht.

Deus le vult - Gott will es - rufen die Soldaten der Kreuzzüge.

Gott mit uns - ist der Schlachtruf in den Kriegen der Vergangenheit.

Und alle meinen damit: Gott zeigt sich da, wo Menschen siegen. Wo die eine Seite die Oberhand hat über die andere. Wo unsere Guten gegen die anderen Bösen gewinnen.

Wo die Macht ist, da ist Gott.

Wo wir unser Recht bekommen, da ist Gott.

Also kämpfen wir. Bringen unsere Opfer dar. Schlachten sie ab, dass ihr Blut zum Himmel schreit. Und wenn das nicht reicht, dann opfern wir uns selbst. Vergießen unser Blut. Für den Sieg. Damit alle Welt sieht: Gott mit uns.

Wie die Priester des Baal.

Doch sie kämpfen auf verlorenem Posten. Ihr Stier bewirkt nichts, ihr Opfer ist umsonst. Ihr Blutrausch führt sie ins eigene Verderben.

Elia trägt den Sieg davon - und die Verlierer bezahlen mit ihrem Leben.

Wer hier aufhört, zu lesen, der könnte glauben: Das ist Jahwe. So ist Gott. Zu finden nur im Sieg. Stark nur im Kampf. Erkennbar nur an der Macht.

Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Und Elia noch nicht am Ziel.

Der Sieg bringt ihm keine Ehre, die Schlacht keinen Ruhm.

Er muss fliehen - zu groß ist die Zahl seiner Feinde, zu hartnäckig klebt das Blut an seinen Händen. Also flieht er - in die Wüste.

Sein Gott ist Jahwe.

Und Gott ist mit ihm.

Text lesen: 1 Kö 19, 4 -13

So ist Gott.

Anders als erwartet.

 

Und Elias erkennt. Endlich. Nach Blutopfer und Weltenlärm, nach Machtgetöse und Siegesgebrüll: So bist du, mein Gott.

 

Leiser als befürchtet.

Schwächer als erhofft.

An unserer Seite im dunkelsten Moment.

Stärkung in größter Not.

Zu Hause in sanfter Stille.

Die Erkenntnis fällt nicht leicht - und sie kommt nicht am Leiden vorbei. Sie braucht den Widerstand gegen den Blutrausch.

Gegen das Kampfgeschrei.

Sie braucht den Abstand zum Zentrum der Macht.

So bist du, mein Gott.

Das braucht die Ruhe der Wüstenzeit. Die Noterfahrung. Die Suche in der Stille - und durch das Leid hindurch. Die Frage nach dem, den ich mitbringe, nach dem, was ich will: Was machst du hier?

Und meine Antwort:

So bist du, mein Gott.

Eine Ahnung, die mich anweht. Leise Erkenntnis, die vorüberschwebt.

Mich aus meiner finsteren Höhle herausholt und mir die Welt neu schenkt.

Die kann ich mit neuen Augen sehen - weil sie mir in neuem Licht erscheint.

In dem deine Ohnmacht stärker ist als aller Weltenbrand.

Deine Stille lauter tönt als jeder Schlachtenlärm.

Und dein Blut jedes Blutvergießen ad absurdum führt.

So bist du, mein Gott.

Nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind - weil du dich selbst zerbrechen lässt.

Ein Helfer denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben - weil deine Gebeine zerschlagen werden.

Aus lauter Liebe und Güte und Gerechtigkeit - weil du diese Welt so liebst, dass du dich selbst in unsere Hände gibst.

So bist du, mein Gott.

Das lass uns sehen.

Das lass uns glauben.

So lass uns leben.

Amen.