1. Weihnachtsfeiertag

Geschenke

Ich hab Ihnen hier etwas mitgebracht - immer noch nicht ausgepackt.

Bei Ihnen ist das wahrscheinlich anders - Sie haben alle Geschenke vom lästigen Papier befreit? Alles ausgepackt?

Und? Waren Sie zufrieden? Haben Sie sich gefreut?

Schön. So ist das ja auch gedacht - das mit der Freude. Die ist ja tongebend an Weihnachten - auch die Freude über Geschenke.

Dabei ist das mit den Geschenken so eine Sache.

Im weißen Haus liegen in diesem Jahr Päckchen unter dem Baum, die beschriftet sich. An sich eine sinnvolle Sache, denn dann weiß der Empfänger sofort, dass er das falsche Paket geöffnet hat, das gar nicht für ihn bestimmt war.

Allerdings stehen auf diesen Päckchen nicht die Namen der Empfänger drauf - das wäre auch schlecht möglich. Sondern der Inhalt - damit er auch gut sichtbar für alle ist, die sie nicht auspacken. Auf den Päckchen steht: Frieden, Liebe, Glaube und Freude.

Journalisten haben probehalber an den Geschenken gerüttelt - wie klingen wohl Glaube oder Frieden? Sie wurden enttäuscht - denn es klingt gar nicht. Unter dem Baum liegen leere Päckchen.

Als Kind bin ich immer gefragt worden: Und? War das Christkind auch schön brav?

Und ich hab natürlich immer schön ja gesagt und mit freudigem  Lächeln genickt -

Denn das Christkind hat fast immer das gebracht, was auf meinem Wunschzettel stand.

Hätte darauf allerdings Friede, Freude, Glaube oder Liebe gestanden - dann wäre mein Nicken vielleicht nicht so eifrig gewesen.

Frieden, Liebe, Freude und Glaube sind ja das, was sich Menschen überall auf der Welt immer wieder wünschen. Und doch sind es auch genau die Dinge, die wir nicht oder nur eingeschränkt schenken können. Weil es nicht in unserer Macht liegt. Weil wir nicht die Mittel dazu haben. Oder weil wir nur sehr eingeschränkt darüber verfügen können.

Vielleicht freuen wir uns auch deswegen am meisten über die Geschenke, die wir uns selbst nie schenken würden. Weil wir nicht die Mittel dazu haben. Oder gar nicht an sie herankommen. Weil sie völlig überraschend kommen und wir nicht mit ihnen gerechnet haben. Da kann eine unerwartete Weihnachtsmail aus Brasilien mehr Freude bringen als das für teures Geld geschenkte Lieblingsparfum.

Dabei ist ja auch gar nicht so einfach, das Richtige zu schenken - auch mit der größten Liebe kann ich total daneben liegen. Und auch der ewig gleiche Spruch der Ehepaare „Wir schenken uns nichts“ taugt nicht wirklich zur Lösung des Problems - denn so ganz ohne wenigstens eine kleine Überraschung geht’s ja auch nicht. … und schon winkt die nächste Krawatte hinter der Schranktür.

Mit Geschenken ist das eben so eine Sache.

Weil die Geschmäcker nunmal verschieden sind; des einen liebevoll ausgesuchten Krawatte des anderen Scheußlichkeit bedeutet - oder weil der neue Küchenquirl zwar praktisch ist, aber gerade deshalb nicht zum weihnachtlichen Wunschtraum taugt. Enttäuschung und spitze Bemerkungen folgen auf dem Fuß.

Geschenke bergen ein nicht unerhebliches Konfliktpotential für den weihnachtlichen Familienfrieden. Ihr Stellenwert ist hoch, Enttäuschungen wiegen deswegen umso schwerer.

Da kann die Freude schon mal verlorengehen. Und dabei haben wir doch auch ohne jedes Geschenk unter dem Baum allen Grund zur Freude.

Denn das wichtigste und größte Geschenk für uns liegt ja schon in der Krippe. In diesem Kind, in diesem Menschen, der da geboren ist.

Das nämlich feiern wir doch an Weihnachten: Nicht unsere eigenen Geschenke. Sondern Gottes Geschenk an uns.

Nicht einen mythologischen Zeugungsakt. Sondern die Freude darüber, dass wir Gott in unserem Leben finden - dass er von der Geburt an bis zu unserem Tod unser Leben durchdringt und Teil davon ist. Dass wir unser ganzes Leben aus ihm heraus leben - im Guten wie im Schlechten.

An Weihnachten stehen wir an seiner Krippe und bestaunen sein Geschenk - ein Geschenk, das nur aus überbordender Liebe heraus gegeben werden kann.

Da ich noch nicht geboren war, da warst du mir geboren und hast mich dir zu eigen gar, eh ich dich kannt, erkoren. Eh ich durch deine Hand gemacht, da hast du schon bei dir bedacht, wie du mein solltest werden.

An Weihnachten stehen wir an seiner Krippe und  können nicht anders, als diese Liebe zu erwidern. Sie aufzunehmen und weiter zu geben - mit unseren Geschenken.

Mit unserem Leben selbst aus dieser Liebe heraus zu leben.

Und uns bei allem, was wir selbst aus Liebe und Freude tun, ein Stückweit selbst zu verschenken.

Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben. Ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut - nimm alles hin und lass dir’s wohl gefallen.

Deswegen sind Geschenke auch immer ein Konfliktpotential. Denn uns selbst zu verschenken, macht uns verletzlich und angreifbar.

Und wenn unser Geschenk dann nicht gut ankommt, zurückgewiesen wird oder einfach nur enttäuscht - dann  kann das Fest der Liebe mal schnell zum Desaster betrogener Hoffnungen werden.

In diesem Sinn höre ich noch mal die Frage vom Anfang: War das Christkind auch brav?

Und nicke mit freudigem Herzen.

Denn bei ihm kommt mein Geschenk immer gut an. Von ihm werde ich nie zurückgewiesen, nicht betrogen und niemals enttäuscht.

An ihm kann ich rütteln und schütteln - es klingt mit vollem Schalle.

Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne. O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht‘, wie schön sind deine Strahlen.

Das Christkind verteilt keine leeren Geschenke.

Was es bringt, steht nicht immer auf meinem Wunschzettel.

Aber ich könnte mir nichts Besseres wünschen:

Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen; und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen. O dass mein Sinn ein Abgrund wär und meine Seel ein weites Meer, dass ich dich möchte fassen.

Amen.