Letzter Sonntag im Kirchenjahr - 22. November 2020

Predigt zu Off 21, 1-7

 „Siehe, ich mache alles neu“ - die letzten Worte der Lesung - und auch oft die letzten Worte auf der Beerdigung.

„Siehe, ich mache alles neu“ - Verheißung ist das letzte, was wir hören, bevor wir am Grab entlassen werden - zurück ins Leben, das sich verändert hat. Zurück in den Alltag, in dem tatsächlich alles neu ist.

Das Vertraute verändert sein Gesicht. Die Wohnung, die so lange gemeinsame Heimat war, wird zur Fremde, ein leerer Raum, gefüllt mit Erinnerungen. Die Verheißung aber lässt auf sich warten.

Dabei waren alle noch voller Hoffnung. „Deinen nächsten Geburtstag feiern wir wieder zusammen“ - Hoffen wider besseres Wissen.

„Bald wird es wieder“ -

„Bald bin ich wieder zuhause“ - letzte Worte am Krankenbett.

Doch es ist ein anderes Zuhause - eines, in dem kein Leid mehr Platz hat, der Schmerz vergangen ist, die Tränen abgewischt sind. Ein himmlischer Ort, der uns noch verschlossen bleibt. Eine Heimat der eigenen Art - jenseits unserer Zeit und über unsere Lebensspanne hinaus. Sehnsuchtsort, der sich nur im Sterben erschließt.

Und wir, die wir zurückbleiben im alten Zuhause - wir sortieren unser Leben neu. Im Alten können wir nicht stehen bleiben  - unsere Zukunft liegt noch vor uns.

„Siehe, ich mache alles neu“ - die Worte begleiten, hallen nach. Setzen sich fest.

Treffen auf alte Bilder, Photos von früher. Wir leben zwischen Erinnerung und Neuanfang.

Das Neue speist sich aus dem Alten, die Erinnerung beflügelt den Mut zum Weiterleben.

Jeder weiß etwas zu erzählen von damals, als die Welt jung war, die Zukunft offenes Land und die Liebe den Tod in weite Ferne rückt. Das Leben selbst wird zum Sehnsuchtsort - und erschließt sich mit jeder Geschichte ein Stückchen mehr.

In der Erinnerung siegt das Leben - Photos gehen von Hand zu Hand. Lachende Bilder aus dem Urlaub. Augen, die vor Liebe strahlen. Lebensglück, festgehalten auf Papier - buntes Leben, das hinter allem Schwarz-Weiß in Multi-Color hervorleuchtet.

Über das eigene Trauergrau hinwegwischt - es unmerklich heller macht, Stück für Stück.

Und buntes Leben für uns dahinter erahnen lässt.

Unsere Tränen trocknen, wenn es Zeit ist dafür - und Gottes Methoden dabei sind sehr unterschiedlich. Es braucht sein Wort - siehe, ich mache alles neu.

Er ist das A und O, Anfang des Lebens und Ende der Trauer.

Sein Wort spricht aus dem Trost der besten Freundin, dem Lachen bei der Erinnerung an das letzte gemeinsame Fest. Sein Wort eröffnet einen neuen Horizont hinter dem Schmerz.

Unsere Toten umgeben uns. Ihr Platz bleibt frei, der Stuhl steht verlassen. Menschen kann man nicht ersetzen. Ihr Tod begrenzt uns auf unser altes Leben.

Doch Gott spricht durch den Tod hindurch: Siehe, ich mache alles neu - und hebt die Grenzen auf. Macht uns frei von Leid und Geschrei, öffnet unsere Augen für den Horizont dahinter.

Unser altes Zuhause ist die Vorschau auf die neue Heimat.

Die Geschichte vom himmlischen Jerusalem die Fortsetzung der Ostergeschichte.

Unser Lebensweg endet nicht mit dem Tod - er führt uns nur weiter zu unserem neuen Zuhause. Dahin, wo das Licht brennt.

Amen.