Donnerstag, 2. April 2020

Gott, du hast mich von Jugend auf gelehrt,

und noch jetzt verkündige ich deine Wunder.

(Psalm 71,17)

„Ja, von wegen!“ ist der erste Gedanke, der mir dazu einfällt. Wie schade!

In meiner Jugend hat Gott keine allzu große Rolle gespielt. Der erste Kontakt kam, soweit ich mich erinnern kann, während des Kommunion-Unterrichtes zustande. Dorthin wurde ich einmal wöchentlich geschickt, ebenso zum sonntäglichen Gottesdienst, wie alle katholischen Kinder meines Jahrganges aus unserem Dorf. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass von meiner Familie jemals jemand einen Gottesdienst besucht hätte, außer wahrscheinlich zu meiner Kommunion. Glaube wurde bei uns nicht gelebt, spielte im Alltag keine Rolle. Auch die langen Jahre auf dem von Ursulinen geleiteten Gymnasium konnten nicht wirklich dazu beitragen, dass in mir ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft entstand. Ich weiß noch, dass ich manchmal gerne an Gott geglaubt hätte aber nicht wusste wie. Und ich hatte ganz bestimmt nicht den Eindruck, dass Gott mich von Jugend auf gelehrt hätte.

Das eigentliche „Wunder“ geschah erst viel später und Musik sollte der Schlüssel sein, der mir die Tür zum Glauben öffnete. Als Mitglied eines Kirchenchores (ich hätte zunächst auch in jedem anderen Chor gesungen, nur die Übungszeiten dieses einen Chores passten in meinen Zeitplan) ergab es sich natürlich, dass ich viele Stunden auch in Kirchen zubrachte. Und viele Gottesdienste später stellte sich auch ein Gefühl der Gemeinschaft und des Geborgen-Fühlens und auch Neugier auf mehr ein. Und nun, erstmals selber aktiv auf der Suche nach Gott, ergaben sich im Alltag auch immer häufiger Gelegenheiten, seine Anwesenheit zu erahnen. Immer wieder kreuzten Menschen meinen Weg, die mir neue Impulse gaben. Und nicht nur das, auch im Rückblick auf die vielen von mir  so empfundenen „gottlosen“ Jahre stellte ich fest, dass ich so von Gott verlassen wohl gar nicht gewesen war. Aber die Suche ist noch längst nicht abgeschlossen.

Und nun sitze ich tatsächlich hier, und „verkünde seine Wunder“. Obwohl, so groß ist die Zahl meiner Zuhörer ja nun wieder nicht, und von Wundern kann ich eigentlich auch nicht künden. Aber heutzutage ist es leider ja schon eher ungewöhnlich, seinen Glauben überhaupt lediglich zu bekennen. Dabei täte es uns allen gut, zu unserem christlichen Glauben auch öffentlich zu stehen, darüber zu reden, Glauben im Alltäglichen zu praktizieren. Und damit jenen Menschen, die an der Existenz Gottes zweifeln, Beispiel zu geben, wo er vielleicht zu finden ist, welchen Raum er im alltäglichen Leben einnehmen kann. Das muss ja keine große Sache sein, es braucht sicher auch gar keine Wunder, sondern in erster Linie zählt vielleicht schon das Gefühl, einer Gemeinschaft anzugehören, deren Kitt der gemeinsame Glaube ist.

So sehe ich mich also nicht in der Tradition des Schreibers dieses Psalms, seine Erfahrungen sind mir fremd. Und trotzdem spüre auch ich ein wenig von der Zuversicht, die aus den Zeilen spricht. Und das bestärkt mich darin, die Suche fortzusetzen.

Und warum ich das hier schreibe? Weil ich noch genau weiß, wie ich mich im Glauben fremd fühlte, da ich ja eben nicht „von Jugend auf gelehrt“ worden war. Und wie beruhigend festzustellen, dass die Dauer des Glaubens gar nicht mal so wichtig ist.

Und um einfach mal zu sagen, dass es sozusagen für eine Beziehung zu Gott nie zu spät ist.

Cosima Mora